Ausgangspunkt: ich spiele in einer Kirchenband und einer Soul-Cover Band. Meist Jazzbass (4 und 5 Saiter), ab und zu einen Fretless.
Warum noch einen Jazz Bass?
Ganz einfach: die Kombi Erlekorpus - Palisandergriffbrett - 5 String hatte ich bislang nicht. Und, Achtung Spoiler: die klingt tatsächlich anders! Außerdem gefallen mir Blockinlays besser als Dots. Ist halt so.
Da taucht er also auf einmal unvermittelt beim Thomann auf (sind normalerweise zur Zeit - Sommer 22 - schwer bis gar nicht zu bekommen) und da hab ich halt zugeschlagen. Ich war jung und hatte das Geld....
Na gut, jetzt ist er da und ich fasse meine Eindrücke mal zusammen:
Im direkten Vergleich habe ich einen American Deluxe Jazz V von 2010 und einen aktuellen Squier CV 70s V (gepimpt mit Lollar PUs , Mojotone Pots und BadassV). Außer Konkurrenz läuft ein Roscoe Beck Ver als Fretless (!!) mit.
Zunächst der Koffer: kein SKB mehr, wie beim 2010er, eine neue Firma, macht einen guten Eindruck, insbesondere die Schlösser scheinen stabiler als beim SKB zu sein. Benutzen tu ich die Koffer aber nur noch zum Lagern der Instrumente. Transport ist damit viel zu unhandlich.
Der Bass selber ist perfekt verarbeitet, er kam sogar noch korrekt gestimmt aus dem Koffer! Cool.
Leider der erste kleine Wermutstropfen: das Ding ist schwerer als erhofft, etwa 4,8 kg. Hätte mir doch etwas näher an den 4 kg gewünscht, na ja. Der 2010 ist etwas leichter (Esche und Ahornhals), hat aber auch keine 250 Gramm Brücke verbaut. Der Squier ist sogar mit der fetten BadassV etwas leichter, er hat einen Pappelkorpus.
Der nächste Wermutstropfen kommt jetzt: die Optik. Ich weiß ja nicht, was den Produktmanagern bei Fender so durch den Kopf geht, aber die Kombi von
- End 70er Schriftzug auf der Kopfplatte in Chrom
- End 70er Braun-Sunburst (eine Maserung des Korpusholz ist kaum auszumachen, das war bei den billigen japanischen Kopien in den 70ern genau so)
- blütenweiße Einfassung des Grifbrettes
- üppige Mother of Pearl Einlagen
- dunkelgelbe bis hellbraune Lackierung des Ahornhalses (sieht fast aus wie geröstet)
- mintgrünes (!) Schlagbrett
ist irgendwie zu viel von allem, man kann fast sagen geschmacklos und wahllos zusammengepackt. American Ultra halt.......
Na ja, langsam gewöhn ich mich dran, trotzdem. Der American Deluxe von 2010 (wild gemaserter Eschekorpus in Natur, Schwarzes 3-lagiges Pickguard, Ahorngriffbrett mit schwarzer Einfassung und schwarzen, schimmernden Mother of Pearl Inlays) war da wirklich geschmackssicherer aufgemacht. Alleine das TV Logo...... Auch der schwarze Squier CV 70 mit den aufgemalten schwarzen Blockinlays und TV Logo sieht cooler aus.
Nun zur Bespielbarkeit: die ist wie üblich bei Fender grundsätzlich gut, allerdings geht das für meinen Geschmack immer noch etwas besser. Als erstes habe ich die Fender-Saiten runtergeschmissen und DR HiBeams 45 - 125 draufgemacht. Die Werkssaiten sind mir in 45 - 125 wirklich zu steif. Dann etwas Halsstab tweaken und Saitenhöhe und Oktavreinheit checken, geht doch! Der Hals ist dem American Deluxe von 2010 sehr ähnlich, laut Datenblatt ist der Compound-Halsradius etwas flacher, fühlt sich aber sehr ähnlich um nicht zu sagen gleich an. Die Bundierung des American Ultra ist perfekt. Der Squier hat einen deutlich dickeren Halsquerschnitt, was ja für 70er Jazzbässe so auch stimmt. Allerdings einen moderneren 9,5 Inch Radius. Die Bundierung OK, kommt aber an den Ultra nicht wirklich heran. Der American Deluxe fing nach etwa 5 Jahren intensiver Nutzung an, im 7. Bund zu schnarren. Also wurden die Bünde vor ein paar Jahren schonmal neu abgerichtet.
Die aktive Elektronik scheint sich zum 2010er nicht verändert zu haben, alles etwas unspektakulär, aber brauchbar. Prima.
Die Pickups sind die Noiseless der 4. Generation (N4). Im 2010er habe ich die N3 durch Nordstrands Noiseless ersetzt, da die N3 passiv doch arg langweilig waren. Davon kann bei den N4 keine Rede mehr sein, passiv knurren die, dass es eine Freude ist. Die Zwischenstellungen lassen sich schön mit dem Panoramaregler überblenden, der Tonregler arbeitet sehr gut. Allerdings muss ich zugeben, dass im direkten Vergleich die Lollar im Squier die Nase vorn haben. Aber das hat wohl auch mit deren Auslegung (70s Single Coil) und der 70er Position des Bridge-PUs zu tun.
Auf Aktiv gestellt gibt es erstmal einen ordentlichen Pegelsprung, der Bass wird deutlich lauter. Blöd? Nein! Mit der Aktivelektronik kann man eben nicht nur boosten sondern auch gezielt wegnehmen. So bekommt man durchaus passive und aktive Klänge im gleichen Pegel hin, wenn man den 3 Band EQ entsprechend zurück regelt. Cool!
Und zum Schluss: die H-Saite. Die ist wirklich besser als beim 2010er American Deluxe, obwohl da auch Graphite im Hals steckt und der Schaller Saitenniederhalter die H-Saite in den Sattel drückt. Der Squier hat auch eine ziemlich starke H-Saite, erstaunlich. Liegt es eventuell an der massiven Brücke? Keine Ahnung, aber die H-Saite des American Ultra ist jetzt wirklich in einer Liga mit dem Roscoe Beck V.
Sehr schön!
Was noch? Das Batteriefach (18 V,2 Blöcke) hat jetzt diese Plastikdeckel, schraubfrei. Mal sehen, wie lange die sich halten. Da ich meist passiv spiele, ist das eine "Verbesserung" zum American Deluxe, die mir eigentlich wurscht ist.
Diese Fenderversion der Badass Brücke ist mir noch etwas suspekt. Der American Deluxe mit seiner Originalbrücke und der Squier mit der BadAss V scheinen besser anzusprechen. Kann sein, dass sich das mit dem Einspielen des Ultra noch gibt, kann aber auch sein, dass es an der Fender Hi-mass brücke liegt. Die ist offensichtlich komplett aus Messing, die BadAss wurde ja aus einer Zinklegierung gefertigt. Ich habe mir die Fenderbrücke mit Zink-Reitern besorgt, die werde ich mal ausprobieren.
Fazit:
Würde ich den Bass weiterempfehlen? Na ja, wenn jemand einen guten, flexiblen und vor allem wertstabilen JazzBass made in USA sucht, dann ja.
Wenn jemand aber Fender grundsätzlich nicht gut findet, wird er mit diesem Bass sicher nicht bekehrt.