Mein Urteil vorweg: Das Haun MBC660 ist ein Spitzenmikrofon zu einem unglaublich tiefen Preis. Es ist aber alles Andere als ein Allrounder. Das macht schon der Blick auf die Frequenzkurve klar. Sie zeigt eine stetige Bassabsenkung, die bereits bei 600 Hz beginnt, und umgekehrt eine Höhenanhebung, die je nach Einfallwinkel zwischen 2.5 und 8 kHz einsetzt. Das mattschwarze Gehäuse mit der sorgfältig eingravierten Seriennummer macht einen richtig teuren Eindruck. Gespart wurde dafür an der Aufbewahrungsbox und dem (fotokopierten?) Datenblatt. Gut so! Wichtig ist auch zu wissen, dass es sich um ein sehr leises Mikrofon handelt. Man braucht also einen guten Vorverstärker.
Nun zu meinen praktischen Erfahrungen. Ich habe das Mikrofon für akustische Gitarre und (in Stereo) für Choraufnahmen eingesetzt. Bei der Gitarre wirkt die erwähnte Bassabsenkung als eine Kompensation des Nahbesprechungseffekts. Ohne Einsatz eines EQ ist das Klangbild nahezu perfekt, mit einer klaren Tendenz zur Brillanz und mit einem betörenden silbrigen Schimmer. Wer das sucht, ist hier bestens bedient. Anders bei der Choraufnahme. Als Hauptmikrofonpaar halte ich es für ungeeignet. Es fehlen einfach zu sehr die tieferen Frequenzanteile. Als Stütze taugt es bedingt. Dann nämlich, wenn man nur etwas Anhebung der Präsenz sucht.
Bei Nahmikrofonierung der Frauenstimmen (in Verbindung mit einem entfernten Mikrofonpaar mit Kugelcharakteristik zur Verstärkung der Raumanteile) wirkten die Stimmen aber etwas flach und teilweise schrill. Ich konnte das nur mit massivem EQ-Einsatz korrigieren, mit einer Anhebung der tieferen Frequenzen und einer starken Absenkung um 3 kHz.