Vorweg: Fast alles, was hier gesagt wird, gilt natürlich auch für das Piano-Akkordeon FR-1X.
Ebenfalls vorweg: Ich bin Gitarrist und teilweise Keyboarder und Akkordeonist in Bands der unterschiedlichsten Richtungen, ursprünglich aber klassischer Knopfgriff-Akkordeonist – also kein Alleinunterhalter, keine Volksmusik etc.
Ein Solokonzert mit zeitgenössischer Akkordeonmusik würde ich mit dem Roland-V-Accordion nicht geben, aber für die Anwendung in Bands ist es ideal. Ich habe mich da lange mit Mikrofonierungsproblemen herumgeschlagen und viel in Tonabnehmer investiert. Das ist jetzt vorbei: Ins Mischpult einstöpseln und fertig. Nie wieder zu leise und nie wieder Rückkopplung. Und es wiegt nur ein Drittel von dem, womit meine 196-Bass-Hohner-Morino mir auf dem Schoß lag.
Die Akkordeon-Sounds sind überraschend gut und praxisgerecht. Wie bei fast allen Produkten der Firma Roland steckt hier offenbar sehr viel Erfahrung von Musikern drin. Alle üblichen Register eines fünfchörigen Akkordeons sind da. Der Tonumfang von 3 Oktaven (bei der Knopfgriff-Version – die Pianogriff-Version hat weniger) reicht meist aus. Wenn nicht, kann man das ganze Gerät eine Oktave runter oder rauf transponieren (allerdings nur durch gleichzeitiges Drücken von zwei Schaltknöpfen). Die Voreinstellungen sind vernünftig, ich habe nur den Hallanteil deutlich reduziert. Diskant- und Bassknöpfe fühlen sich gut an, auch die Dynamikkontrolle mit dem Balg erfordert praktisch Null Eingewöhnung. Wer eine andere Anordung der geriffelten Knöpfe gewohnt ist, kann einfach die Knöpfe herausdrehen und vertauschen - sehr hilfreich. Die Tragegurte lassen sich gut einstellen. Die größte Umstellung war für mich, dass die Diskant-Knöpfe im Stufengriff angeordnet sind, nicht wie bei meiner Hohner im Flachgriff.
Die Orgel- und Orchester-Sounds und das auf die linke Hand zuschaltbare Schlagzeug benutze ich nicht. Mag aber sein, dass diese Sounds für anpruchsvolle Alleinunterhalter zu rudimentär sind. Faule Alleinunterhalter können von einem USB-Stick Audio-Files zum Beispiel als Begleitspur abspielen. Ob das Ding auch vorgefertigte MIDI-Files abspielen kann, habe ich nicht herausgefunden.
Kleine Mängel: (1) Es wäre praktisch, wenn man die meistbenutzten Register jeweils auf Platz 1 der 4 Tasten legen könnte. Geht aber nicht: Für einchörig-oktav muss man Taste 1 zwei Mal drücken, für Tremolo Taste 3 zwei Mal.
(2) Überhaupt erinnert das Bedienungskonzept etwas an Digitaluhren aus den 90er Jahren. Die für mich wichtigen Funktionen sind aber alle gut erreichbar.
(3) Die Bedienungsanleitung ist äußerst langatmig und nicht wirklich qualitätsgesichert. Wer mit dem Gerät wirklich in MIDI und User-Sounds einsteigen will, wird viel Geduld brauchen.
(4) Der Balg ist nicht ganz dicht. Wenn man ohne Spielen daran zieht, ist er nach etwa einer Minute ganz offen. Aber das stört beim Spielen nicht wirklich.
Alles in Allem: Wer wirklich nur ein Akkordeon sucht, das leicht und klein ist und sich problemlos verstärken lässt, ist mit dem FR1-X sehr gut bedient.